Wie es sein soll und wie es ist

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Aus dem Klassenraum einer Förderschule „Soziale und emotionale Entwicklung“

Was mein Kind (acht Jahre) im Bad machen soll: Zähne putzen.

Was mein Kind tatsächlich im Bad macht: Das Seifenstück zerkneten, Zahncreme und Zahnbürste in den Griff des Schrankes stecken (moderne Kunst), Sprühflaschen mit Wunddesinfektion leer sprühen, im Abfalleimer wühlen, den Spiegel bespritzen, Die Seife aus dem Pumpspender pumpen (aber nur ein paar Mal), aufs Klo steigen, Klopapier abwickeln.

Was mein Kind (zwei Jahre) im Bad machen soll: Nichts.

Was mein Kind tatsächlich im Bad macht: Klopapier abwickeln, Klobürste zweckentfremden.

Was mein Kind (acht Jahre) laut Lehrplan interessieren soll: Welche Wörter werden groß geschrieben? Welche Lösungsstrategie gibt der Lehrer vor, um sich im Zahlenraum bis 1000 zu orientieren?

Was mein Kind tatsächlich interessiert: „Warum wählen die Leute so Jemanden wie Donald Trump?“, „Weißt Du, was soziales Denken mit Energie zu tun hat?“, „Warum ärgerst Du mich immer?“

Was ich sage: Dein kranker Bruder schläft mit dem Papa im Nebenraum, also sei bitte leise!

Was mein Kind versteht: Bitte sing laut auf dem Klo, schlage die Türen fest zu und lasse Luftballons platzen!

Was ich früher dachte, welche Sorgen ich mit einem Achtjährigen hätte: Kind guckt zu viel fern, Kind will nicht fleißig dem Instrument/Sportart/Hobby nachgehen, Kind räumt nicht das Zimmer auf.

Was meine tatsächlichen Sorgen sind: Heizung oder Föhn, wie wird die Wäsche schneller trocken (bei gefülltem Schrank, doch das Kind zieht nur ausgewählte Kleidungsstücke an, die seinen taktilen Bedürfnissen genügen)? Soll ich mich im Gottesdienst neben die schwerhörige alte Dame setzen, damit sie nicht mitbekommt, was mein Kind so sagt und was ich so zu meinem Kind sage, oder doch lieber in die letzte Reihe, damit uns keiner sieht?

3 Gedanken zu “Wie es sein soll und wie es ist

  1. Kerstin 9. Dezember 2016 / 11:11

    Liebe Frau Taugewas!
    Ich musste echt lachen, denn das kenne ich nur zu gut.
    Gerade die Kleiderfrage….wir sind immer noch bei Hosen ohne Knopf und das bei Hosengrösse 134….
    Dabei fällt mir ein: kann dein Grosser eine Schleife binden? Und wenn ja, wie um Gottes Willen hast du das geschafft? Ich bekomme es in meinen Grossen einfach nicht rein und inzwischen macht die Schule schon Druck:-(. Was die Sache nicht besser macht, sondern eher schlechter….
    Ja und Donald Trump hat meinen auch sehr beschäftigt und etwas an meiner Glaubwürdigkeit gekratzt. ..hab ich doch tatsächlich noch einen Tag vorher zu ihm Auto gesagt, dass der komische Mann es nun wirklich nicht werden wird….
    LG Kerstin

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    • Frau Taugewas 11. Dezember 2016 / 9:33

      Liebe Kerstin,

      bei uns sind es ausschließlich Hosen MIT Knopf und auch Größe 134, weil diese dann so locker sitzt, dass er ihn nicht aufmachen muss (ja, sehr widersprüchlich, aber es ist seine Logik) ;)
      Ich habe ihm tatsächlich vor ca. 1,5 Jahren beigebracht, die Schleife zu binden (und zwar nach der Baum-Schlangen-Methode, kennst Du die? Eine Schlaufe ist der Baum, die Schlange windet sich drumherum und verknotet sich auch noch mit sich selbst – voilá! ;)).
      Es ist jedoch so, dass er es zwar kann, doch die Schleife sehr lose und locker ist und er seitdem nur fünf oder sechs Mal eine Schleife gebunden hat. Er akzeptiert nur Schuhe einer bestimmten Marke und Passform mit Klettverschluss.
      Zum Glück ist es bei uns der Schule egal. Wieso ist es der Schule bei Euch denn wichtig?
      Trägt Dein Sohn denn Schnürschuhe in der Schule, sodass die Lehrerin binden muss?

      Liebe Grüße!

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  2. Natalie 14. Dezember 2016 / 0:22

    oh so ein Klobürstenknutscher lebt hier auch, außerdem versucht er immer das Wasser aus dem Klo zu trinken.

    Dass mit dem besonders laut werden, wenn man dringend ruhig sein muss, scheint ein Phänomen zu sein, dass fast alle Kinder betrifft, jedenfalls alle die ich kenne. Und meine Oma musste sich nur mit Migräne hinlegen, meine Schwester und ich haben unter Garantie im leider daneben liegenden Zimmer irgendwas fürchterlich rumpeln lassen oder das große Gackern gekriegt — kann mich nicht erinnern, dass wir je damit die Oma ärgern wollten, das kam einfach ganz von allein …

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