Eigentlich würde ich gerne morgens in Ruhe auf dem Balkon einen Kaffee trinken. Bevor der Rest der Familie wach wird. Da ich mit Abstand die lauteste Person der Familie bin, ist dieser Wunsch ein bisschen absurd, ich gebe mir mal den Ratschlag, einfach den Mund zu halten, dann habe ich auch mit wacher Famillie mehr Ruhe. Fast.
Wenn in den Ferien der Wecker nicht klingelt, dann ist das nicht schlimm. Dann wird man einfach später wach. Und zwar dann, wenn das große Kind die alte, knarzige Schlafzimmertür aufreißt und fragt, wann es aufstehen könne. Bei der Aktion wird das Baby wach.
Trotzdem Balkon und trotzdem Kaffee. Der eine singt ein Stinkerpupslied und schießt mit Schießkanonen, der andere ist still. Eine dunkle Spinne seilt sich vom Dach des Balkons ab, in Höhe meiner Schulter entdecke ich sie. Kurze Schrecksekunde. Ich springe auf. Ich sage nichts. Heut bin ich still. Mein Sohn kümmert sich um sie. Mit Plastikbecher und Deckel.
So still höre ich große dunkle Vögel schreien und kleine graue Vögel schnattern. Die Katzen gaffen die Vögel an und verharren in einer angestrengten Starre.
Der Fantasievogel meines Sohnes ist auch hier. „Er wollte nach Südamerika reisen, ist aber nur bist Australien gekommen. Und Kanada.“
Achso! Naja, manchmal kommt man nicht da an, wo man hin will.
Ein Papierknöllchen der Klorollenschießkanone erwischt mich am Bein. Im Kopf singt eine Stimme „Meine Tante aus Marokko, wenn sie kommt. Hip hop.“ Das Baby knistert mit einer Tüte und pupst. Das große Kind singt wieder das Stinkerpupslied und lacht.
Zur Ruhe komme ich nicht. Aber so ist´s auch gut. Manchmal kommt man eben nicht da an, wohin man will. So wie der Vogel meines Sohnes.