Auf dem Weg zur Bahnhaltestelle, das ist ein neuer Weg, denn wir wohnen jetzt woanders, ungefähr 30km weiter nördlich, in einer anderen Stadt, jedenfalls auf dem Weg zur Haltestelle, den wir nun noch bis zum letzten Schultag in NRW, den 13.7., gehen müssen, wir stehen dafür um 5:20 Uhr auf und nehmen die Bahn um 6:55 Uhr, auf diesem Weg, da gehen wir an mehreren Behindertenwohngruppen vorbei. Und wenn ich dort vom Weg aus ins Fenster blicke, dann sehe ich genau das gleiche große Holzgitterkäfigbett, so eines, wie auch der kleine Herr Schnuff bei uns zuhause hat. Weiterlesen
Glaube
Die Pfannkuchentat.

Kleiner Tischknigge
Hau die Gabel auf den kleinen Tisch. Auf den Therapietisch, der vorne an den Therapiestuhl geschraubt ist. Hau und hau und hau darauf. Alles, was zu nahe an dir und dem Stuhl steht, alle Teller, Töpfe, Schüsseln, alles reiße an dich. Strecke die Arme weit über den kleinen Therapietisch, bis auf den großen Essenstisch. Und dann recke und strecke dich, nimmermüde nach allem, was da steht. Und wenn du es nicht greifen kannst, sondern nur mit den Spitzen deines Mittelfingers und Zeigefingers und Ringfingers berührst, so reicht es doch aus, es vom Tisch zu fegen, dass es krachend zu Boden fliegt. So viel Einsatz solltest du schon zeigen. Weiterlesen
Abendgespräch. Von Fehlern und Hühnchen.
Abends liege ich im Käfigpflegebett neben dem Kleinkind und spreche trotz der Abmachung, wenn das Licht aus ist, nicht mehr zu sprechen, zum Großkind im Hochbett auf der anderen Seite des Kinderzimmers:
„Du, es tut mir leid, dass ich heute so viel gemotzt habe und so grummelig war. Ich hatte Bauchschmerzen und war genervt, aber dafür kannst Du ja nichts.“
„Warum sprichst Du jetzt, wenn Du sonst immer sagst, dass ich nicht sprechen darf, wenn das Licht aus ist?“
„Weil mir das so wichtig ist, dass ich das noch sagen will.“
„Ist schon okay. Alle machen mal Fehler. Alle Menschen.“ Weiterlesen
Anleitung zum satt werden. Und: die erstwichtigste Sache der Welt
Anleitung wie man in zwei Stunden satt wird und Menschen kennen lernt.
Ihr braucht:
- Ein Kleinkind, nonverbal und niedlich
- Öffentliche Plätze
- Zeit
Vorgehen am Bahnhof: Weiterlesen
Emanzipatorisch-weltanschauliche Frühstücksgespräche. Vom Säen.
Um 6:10 Uhr montagmorgens.
Kind: Was *nuschel*-ählst Du?
Ich: Was ich wähle?
Kind: Nein, was *nuschel*-ähs Du?
Ich: Bei der Bundestagswahl meinst Du? Was ich da wähle?
Kind (genervt): Nein, was Du säst!!!??!!! Weiterlesen
Ausschluss der Wechselbälger
Ich sitze in dem leeren Sprechzimmer meiner Gynäkologin. Krebsvorsorge, alle sechs Monate. Routine. Die Ärztin kommt ins Zimmer. Wie es denn ginge und was die Kinder machen. Hat sich das eigentlich geklärt mit dieser Stoffwechselkrankheit bei dem Kleinen? Und was war mit dem Großen nochmal? War der nicht Autist? – Was für ein Einstieg ins Gespräch. Ja, so war und ist das und tatsächlich haben wir nach vielen Fehleinschätzungen eine Diagnose seit Sommer. Der Genort nennt sich 14q32.31 und das ganze hat zu tun mit DYNEIN, CYTOPLASMIC 1, HEAVY CHAIN 1; DYNC1H1. Die Ärztin runzelt die Stirn und tippt die Diagnose in ihren Computer. Und fragt, ob es sonst noch irgendwelche neuen Krankheiten bei uns gäbe. Krebs, Diabetes, Herzerkrankungen ? Ich verneine das alles. Jetzt also die Untersuchung. Weiterlesen
Loblied am Abend
Noch immer liege ich mit eingeklemmtem Arm zwischen den Gitterstäben neben dem Kinderbett und streichle das Kleinkind in den Schlaf. Auf der anderen Seite im Zimmer liegt das Großkind im Bett. Ein Doppelstockbett, aber er liegt unten. Weiterlesen
Ausatmen
In meinem Kopf. Ein Vor und ein Nach der endgültigen, schlussendlichen, abschließenden, alles offen legenden, Klarheit bringenden Diagnose. Ein Dasallesistmöglich, ein Dasallesprüfenwirnach. Ein WirwartenaufsErgebnis. Und dann ein So Ist Es. Ein Einatmen. Um dann auszuatmen. Weiterlesen