Vom auf-machen und zu-lassen

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Am Hauptbahnhof. Betrunkene Menschen. Im Rausch. Auf dem Boden. Liegend, schwankend. Armut. Sucht. Wie kann ich daran vorbeigehen? Wie kann ich gehen, wenn da einer liegt? Mein Sohn starrt. Starrt ihn an. Angstvoll. Neugierig. Ungläubig.

„Mama, die Besoffenen da, am Hauptbahnhof. Warum trinken die Alkohol? Woher kommt überhaupt der Alkohol? Die sind verrückt, die Besoffenen. Und die tanzende Frau, weißt Du noch, Mama? Oder der schimpfende Mann in der Bahn. Der Besoffene. Weißt Du das noch, Mama?“

Warum lässt Gott das zu? Wie kann Gott das zulassen?

Gott ist kein Zulasser, kein Zulassender. Er ist nicht passiv. Er lässt nicht zu. Er ist nicht einer, der alle Fäden in der Hand hat, alles zum Guten wenden kann und es trotzdem lässt. Zulässt. Das Leid zulässt. Uns Menschen lässt. Er lässt uns nicht. Lässt uns nicht zu. Er öffnet uns. Er macht uns auf. Aufmachen statt zulassen. Aktiv werden statt passiv verharren. Statt sich verschließen.

Gott macht uns auf, er öffnet uns. Auch für das Leid. Er lässt uns nicht. Lässt uns nicht damit allein. Er öffnet. Öffnet uns und unsere Augen. Damit wir handeln, wenn wir Leid sehen. Damit wir uns öffnen. Handeln und helfen.

Ich will nicht vorbeigehen und lassen. Das zulassen. Mich zu-lassen. Ich will mich auf-machen. Aufmachen auf den Weg. Den Weg, der nicht vorbeigeht an dem, der da liegt. Der da schwankt. Und schimpft. Und tanzt. Im Rausch.

Ich will mich aufmachen und hingehen. Denn das ist ein Mensch. Vielleicht auch angstvoll, neugierig. Ungläubig.  Und ich bin auch Mensch. Vielleicht auch verrückt, schimpfend. Tanzend.

Armut. Sucht. Auf dem Boden im Hauptbahnhof. Kann ich vorbei gehen, wenn da einer liegt? Oder starren, wie ein Kind? Kann ich mich zu lassen? Gott lässt nicht zu. Lässt mich nicht zu. Er öffnet. Ich mache mich auf.

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