Letzte Woche ging ich mit dem Baby zum Augenarzt, weil es schielt und weil vielleicht eine Brille nötig ist, da wir alle Brillen tragen in der Familie. Vorher fragte ich meinen Mann, ob er denke, das Kindchen müsse abgeklebt werden oder eine Brille auf die Babystupsnase bekommen oder sogar beides. Er rechnet mit dem schlimmsten, sagte er. Wieder kamen wir mit der Diagnose Grauer Star und dem Verdacht einer angeborenen Stoffwechselerkrankung. Damit hat auch mein Mann nicht gerechnet. Aber abgeklebt und bebrillt wird das Kindelein trotzdem. Nach der OP. Außerdem suchen wir zusammen mit den Ärzten nach der Ursache für seine Erkrankungen. Wir stehen noch am Anfang. Ich möchte die Suche und auch seine Entwicklung dokumentieren.
F. ist nun ein Jahr alt. Er kam reichlich dicklich und reichlich zu spät auf die Welt und wollte nicht atmen, daher lag er ein paar Tage im Kinderkrankenhaus. Schnell erholte er sich aber und atmete und trank alleine. Er ist immer schon hypoton im Muskeltonus gewesen und bekommt seit seinen ersten Lebenswochen Krankengymnastik. Die Vorsorgeuntersuchungen in den ersten sechs Lebensmonaten waren unauffällig. Er war zwar mit allem recht langsam, aber im Rahmen.Seine Schädelplatten sind leicht assymetrisch und im Stirnbereich frühzeitig zugewachsen, seine Halswirbelsäule zeigte leichte Blockaden, aber alles in allem ist das nichts schlimmes. Zwischen dem sechsten und dem zwölften Lebensmonat gibt es keine Vorsorgeuntersuchung und genau da entwickelten sich seine Auffälligkeiten. Er begann zu schielen. Motorisch zeigte er sich immer noch sehr wackelig. Zwar geht die Entwicklung voran, jedoch verzögert. Mit einem Jahr setzt er sich nicht von alleine hin, er muss sich mit den Armen aufstützen, wenn er in die Sitzposition gebracht wird. Er ist feinmotorisch zurück. In sechs Monaten hat er nur 100gr zugenommen und wiegt mit 12 Monaten 7,8kg, was sehr wenig ist, immerhin kam er mit 4,2kg auf die Welt. Er hat immer noch einen Reflux.In allen Bereichen ist eine Tendenz nach vorne zu erkennen, er zieht sich hoch, er lautiert, brabbelt, er stopft sich selber Essen in den Mund, er krabbelt. Er räumt Schubladen aus und hört auf seinen Namen. Er schaut aufmerksam auf ein Bilderbuch, wenn ihm vorgelesen wird. Jedoch verhält er sich immer noch oder sogar vermehrt merkwürdig. Ja, merkwürdig trifft es ganz gut. Es ist würdig, sich so etwas zu merken, denn das sieht man nicht häufig. Ihn erschöpft das Krabbeln, Hochziehen oder Spielen so stark, dass er dann und wann für einige Sekunden sein Köpfchen auf die Erde legt und abwesend dreinblickt. Ist er auf dem Hochstuhl – eingeklemmt zwischen Kissen und Decken, weil er nicht alleine sitzen kann – so schwankt sein Oberkörper gefährlich wackelig zu allen Seiten. Und auch hier beugt er ab und zu für wenige Sekunden abwesend sein ach so schweres Köpfchen nach vorne, auf den Tisch ablegend oder frei nach unten hängend, bis er schnell die Kraft wiederfindet, es oben zu halten, da wo der Kopf auch hingehört, am Hals angewachsen. Beim Krabbeln knicken manchmal seine Arme ein und er geht in den Unterarmstütz. Zieht er sich hoch, so schwankt er und taumelt, oft fällt er plötzlich um wie vom Wind umgepustet. Es ist nicht möglich, ihn auf der Hüfte zu tragen, er hat zu wenig Stabilität im Rumpf und sein ganzer Oberkörper knickt zur Seite ab. Fast bekomme ich das Gefühl, er habe Schmerzen bei zu viel Belastung, so weint und schreit er, wenn er auf dem Boden krabbelt, länger als eine Viertelstunde schafft er es nicht. Ich trage ihn daher viel und oft, mehr noch als im ersten Lebenshalbjahr, Er wirkt klein und schmächtig, zerbrechlich. Sein rechtes Auge ist stark vom Grauen Star betroffen, das linke schielt und hat Grauen Star im weniger ausgeprägten Stadium. Er wird operiert werden und bekommt künstliche Linsen.
Dies ist ein grober Überblick. F. kann noch mehr. Er wackelt und schaukelt bei fast jeder Art von Musik. Er sagt „Neineineineinein“ und lacht dabei. Er isst und trinkt alles, sehr gerne auch Gemüse.
Ein Gedanke zu “Ein erster Überblick über F.”