Gute Tage, neidgrüne Tage und solche, an denen man sogar Kakao umrühren darf.

In der Bahn stehe ich mit dem Kleinkind in der Trage und dem Großkind neben mir und warte, dass in wenigen Minuten der Hauptbahnhof kommt und ich endlich aussteigen kann. Neben mir sind Jugendliche, vielleicht 14 oder 15 Jahre alt. Sie sagen sowas: „Und dann sagt die, dass die mit dem poppen würde, aber es doch nicht will, weil sie erst 15 ist. Aber ich, ich würde mit der poppen, höhö“ und sowas: „Ey und guck Dir das Kind an, wie groß das ist, also ich würd´ das nicht tragen, das kann doch laufen!“ und dabei guckt er erst auf mich und dann auf seinen Kumpel. Mein Großkind versteht nichts davon und guckt sich eine Anzeige im Zug an. Und ich, ich hab keine Lust mehr auf Rechtfertigen Weiterlesen

Die Fabel vom strahlenden Stern

blog96

Einst gab es einen wunderschönen Stern. Hell und strahlend und mit vielen spitzen Zacken, die sein Licht in alle Richtungen streuten. Doch im Gegensatz zu den anderen Sternen flog er nicht durch den dunklen Weltraum, um dort sein Licht und sein Strahlen auszusenden. Nein. Dieser Stern wollte selber sehen, an welche Orte sein Strahlen gelangt. Dieser Stern wollte wissen, wer sein Strahlen empfängt, wer sein Licht zu schätzen weiß, wer unter seinem Leuchten erwacht oder einschläft. Weiterlesen

Beeinträchtigung in nonverbalen Verhaltensweisen

Was bedeutet das, eine Beeinträchtigung in einer nonverbalen Verhaltensweise vorzuweisen?

Wenn ich an M. denke, dann fällt mir seine Körperhaltung ein, die Mimik und Gestik. Ich denke, er fühlt sich unsicher auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation. Er weiß nicht, sich dort angemessen auszudrücken und es fällt ihm schwer, nonverbale Kommunikation richtig zu interpretieren. Doch M. ist klug, er hat einen Weg gefunden. Er ist eine Katze. Als Katze kann er Bedürfnisse und Gefühle ausdrücken und dabei eine „Sprache“ benutzen, die ihm vertraut ist. Eine Katze schnurrt, sie faucht, schmiegt sich an, maunzt, läuft auf allen Vieren weg, sie zeigt ganz indirekt und ohne Küsse ihre Zuneigung, sie darf klein sein und sie darf hinter den Großen herlaufen. Katzen dürfen „sprachlos“ sein. Wenn wir eine Katze mögen, dann streicheln wir sie. Das ist die Art, unsere Zuneigung zu zeigen. Das ist berechenbar für die Katze, sie weiß, wie wir uns verhalten. M. mag Katzen seit er ein Kleinkind ist, keine zwei Jahre alt war er, als seine Liebe zu Katzen entflammte. Nun ist er sieben Jahre alt und er ist immer noch eine Katze. Er IST eine Katze, ja wirklich. Kein starker Tiger, sondern eine Katze.

Es fällt ihm schwer, in Kontakt zu treten mit anderen Kindern. Kinder sind nicht gut abzuschätzen, sie können spontane, unüberlegte Bewegungen machen. Wie reagiert M. im Spiel mit anderen Kindern? Wie tritt er in Kontakt? Ich glaube, er hat ein Bedürfnis nach Kontakt. Auch ein Mensch mit Autismus sehnt sich nach Kommunikation und Interaktion. Nur ist es eine andere Sprache, eine andere Ebene, auf der er seine Kontakte aufbaut. Im Kindergarten haben die Erzieherinnen oder die Therapeuten versucht, Spielsituationen anzuleiten und ihn in Kontakt mit anderen Kindern zu bringen. In Erinnerung ist mir dabei geblieben, dass er im Spiel mit der „Pfote“ ein anderes Kind anstupste. Die Katze wollte Kontakt aufnehmen. Das andere Kind, vielleicht war es drei oder vier Jahre alt, hat diese Art der Kontaktaufnahme nicht richtig verstanden. Was hätte M. tun können, damit das andere Kind ihn versteht? „Komm, lass uns spielen?“, so oder ähnlich hätte er den Jungen fragen können. Ich habe M. noch nie einen solchen Satz sprechen hören. Er ist eine Katze und Katzen stupsen eben an.

Katzen sind geheimnisvoll. Eine Katze hat ihren eigenen Kopf. Katzen stehen ungern im Mittelpunkt, sie sind weder „Rampensäue“ noch ist es ihnen wichtig, dass jeder ihre Anwesenheit bemerkt. Katzen sind unauffällig. Sie streunen und schleichen in den hintersten Ecken, samtpfötig und leise. Katzen teilen nicht gern, weder Futter noch Lieblingsplatz oder Revier. Katzenbesitzer wissen, dass Katzen Routinetiere sind und unflexibel. Katzen haben Vorlieben, eine Lieblingssorte beim Futter, ihren „Lieblingsmensch“, bei dem sie besonders gerne liegen. Manchmal sind es auch ganz eigenartige Vorlieben. Ich hatte in meiner Kindheit eine Katze, die verrückt wurde vor Aufregung, wenn ein Auto mit orange-blinkendem Licht (von der Müllabfuhr zum Beispiel) die Straße entlangfuhr. Sie rannte zum Fenster und schlug wild mit dem Schwanz nach allen Seiten aus, es war wirklich belustigend! Man könnte sagen, diese Katze hatte ein „Spezialinteresse“.

Katzen sind sensible Tiere, sie wollen zärtlich gestreichelt werden. Es scheint, als sei die Haut durch die vielen Haare noch empfindlicher als Menschenhaut. Die Tasthaare im Gesicht spüren jeden feinsten Widerstand. Das Gefühl von Wasser auf ihrem Körper mag eine Katze nicht. Sie hat ihr eigenes Reinigungsritual, sie geht nach einem eigenen Schema vor, wenn sie ihr Fell leckt.

Genauso ist M.. M. ist geheimnisvoll. Nach den Weihnachtsferien plappern alle Kinder durcheinander, alle wollen erzählen, was sie geschenkt bekommen haben, was aufregendes passiert ist in den Ferien, ob sie verreist waren oder endlich das Spielzeug bekommen haben, was sie sich so sehr gewünscht haben. M. wurde in solchen Situationen ebenfalls gefragt, ob er nicht erzählen will, was er geschenkt bekommen hat. Er möchte nicht. Vielleicht, weil er nicht versteht, was er davon hat, anderen davon zu berichten. Es reicht ihm, es selber zu wissen. Ich kann mir auch vorstellen, dass er unsicher in der Sprache ist (er ist sprachlich ja etwas zurück in seiner Entwicklung) und nicht verstanden wird. Vielleicht hat er auch Angst, dass die Dinge, von denen er erzählt, von den anderen Kindern „schlechtgeredet“ werden oder ein Kind lachen könnte. Es gibt viele Gründe, besser nicht von den Ferien zu erzählen. Nicht nur von den Ferien. Das musste ich als Mutter auch erst lernen. Manchmal frage ich ihn, ob er mir sagt, was in der Schule alles so passiert ist, was es zu Mittag gab, ob er in der Pause mit einem anderen Kind gespielt hat. „Weiß ich nicht, Mama, will ich nicht drüber reden.“ ist seine Standartantwort. Aber erzählen möchte er mir dann, von der „Hubschrauberkatze“. Das ist eins von seinen Spezialinteressen.

M. ist lieber unauffällig. Einmal schenkte ihm seine Oma einen selbstgestrickten Pullover, der wirklich hübsch aussah. Das fanden auch die Erzieherinnen und sprachen ihn an, was er doch für einen schönen Pulli trägt. Das war zu viel für ihn, zu auffällig war der Pullover. Seitdem mag er ihn nicht mehr anziehen oder nur zuhause. Für manch einen wäre es ein tolles Kompliment, ich denke, als kleines Mädchen hätte ich vielleicht stolz erzählt, dass meine Oma den Pullover gestrickt hat, vielleicht hätte ich mich plötzlich furchtbar schön in ihm gefühlt. Manchmal fällt es mir schwer, M.s Gedankengänge nachzuvollziehen, aber dabei hilft mir mein Mann.

Veränderungen ertragen Katzen nur schwer. Ein Umzug in eine neue Wohnung ist für so manche Katze ein Grund, demonstrativ in den Flur zu pinkeln. Eine unserer Katzen hat das mal gemacht, glücklicherweise konnten wir ihr das schnell abgewöhnen. So sind Katzen, sie mögen die Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit. Keine Katze könnte man so einfach zum Strandurlaub mitnehmen. Einen Hund selbstverständlich schon, eine Katze jedoch nicht.

Wenn M. nun seine Schuhe seit über einem Jahr trägt und sie gemütlich sind, dann gibt es für ihn keinen Grund das zu ändern. Eine Veränderung bedeutet erst einmal nichts Gutes.

ABER: Katzen sind treue Begleiter fürs Leben. Katzen sind ruhig und ich kann mir ein Leben ohne Katzen nicht mehr vorstellen. Ein Raum, in dem eine Katze liegt, still auf dem Fensterbrett, kaum bemerkbar, das ist ein gemütlicher Raum, erfüllt von einer einmaligen Atmosphäre. Einmalig und durch nichts zu ersetzten. Wie mein einmaliger Sohn!